Die Belegung der Hündin – Deckakt und künstliche Besamung

Der Deckakt markiert den Übergang von Planung zur Realität. Die Wahl zwischen natürlicher Deckung, Frischsperma- oder Tiefgefriersperma-Besamung beeinflusst Erfolgsraten, Gesundheitsrisiken und züchterische Möglichkeiten. Lernen Sie, wie Sie beide Partner optimal unterstützen und rechtlich alles korrekt dokumentieren.

Einleitung

Der Deckakt markiert den Übergang von der Planung zur Realität. Nach wochenlanger Vorbereitung, sorgfältiger Partnerwahl und präziser Deckzeitbestimmung steht nun der entscheidende Moment bevor. Die Wahl zwischen natürlicher Deckung und künstlicher Besamung ist dabei weit mehr als eine technische Entscheidung – sie beeinflusst Erfolgsraten, Gesundheitsrisiken und nicht zuletzt die Möglichkeiten Ihrer züchterischen Arbeit.

Nach der Lektüre dieses Kapitels werden Sie

  • eine fundierte Entscheidung zwischen natürlicher Deckung, Frischsperma- und Tiefgefriersperma-Besamung treffen können,

  • Die typischen Erfolgsraten und die jeweiligen Anforderungen an Timing und Durchführung kennen,

  • die physiologischen Abläufe des natürlichen Deckakts verstehen,

  • Ihren Rüden gezielt unterstützen können,

  • die korrekte Dokumentation durch Deckschein und Deckvertrag beherrschen, um rechtlich und verbandsseitig abgesichert zu sein.

Methodenvergleich

Die Wahl der richtigen Deckmethode ist eine strategische Entscheidung, die idealerweise bereits mit der Auswahl des Deckrüden getroffen wird. Jede Methode – der natürliche Deckakt, die Besamung mit Frischsperma oder die Nutzung von Tiefgefriersperma – hat spezifische Stärken, die in bestimmten Situationen zum Tragen kommen. Wichtig vorab: In vielen Verbänden (z. B. VDH/FCI) ist künstliche Besamung (AI) möglich, erfordert aber je nach Verein zusätzliche Nachweise und einen Vermerk auf dem Deckschein. Prüfen Sie die aktuellen Regeln Ihres Rassevereins vor jeder Verpaarung.

Gründe für die künstliche Besamung mit Frischsperma

Die Übertragung von Frischsperma ist oft die erste Alternative zum natürlichen Deckakt und bietet zwei entscheidende Vorteile:

  • Maximaler Infektionsschutz: Der wichtigste und oft ausschlaggebende Faktor ist der Schutz vor Krankheiten. Beim natürlichen Deckakt besteht immer ein Restrisiko für die Übertragung von Erregern wie dem Caninen Herpesvirus oder Mykoplasmen von der Hündin auf den Rüden. Dieses Risiko summiert sich mit jedem Deckakt über die Jahre. Eine Infektion gefährdet nicht nur die Gesundheit und Fruchtbarkeit des Rüden selbst, sondern birgt auch die Gefahr, dass er die eingeschleppten Erreger im eigenen Bestand weiterverbreitet. Die künstliche Besamung mit Frischsperma eliminiert dieses Übertragungsrisiko vollständig, da jeglicher direkte Schleimhautkontakt vermieden wird. Sie ist somit die Methode der Wahl zum Schutz wertvoller Tierbestände und zur Unterbrechung von Infektionsketten. Die Möglichkeit der Übertragung von Erregern vom Rüden auf die Hündin bleibt allerdings bestehen.
  • Vermeidung von Komplikationen: Nicht immer kann ein natürlicher Deckakt vollzogen werden, selbst wenn beide Tiere gesund und paarungswillig sind. Anatomische Unterschiede, Verhaltensprobleme bei einem unerfahrenen Rüden oder einer abwehrenden Hündin können die natürliche Verpaarung unmöglich machen. In solchen Fällen ermöglicht die Frischsperma-Übertragung die Realisierung einer ansonsten gescheiterten, aber genetisch wertvollen Verpaarung auf schonende und sichere Weise.

Gründe für die Nutzung von Tiefgefriersperma

Die Verwendung von Tiefgefriersperma ist die technologisch anspruchsvollste Methode und erfordert eine sorgfältige Abwägung von Vor- und Nachteilen. Zwar müssen Züchter mit leicht reduzierten Trächtigkeitsraten, eventuell kleineren Würfen und höheren Kosten rechnen, doch die strategischen Vorteile sind oft unbezahlbar:

  • Zugang zu internationalen Blutlinien: Der größte Vorteil liegt in der Möglichkeit, auf den globalen Genpool zuzugreifen. Hervorragende Deckrüden aus anderen Kontinenten können für die eigene Zucht genutzt werden, ohne dass die Hündin einen anstrengenden und kostspieligen Transport auf sich nehmen muss. Dies erweitert die Auswahl an potenziellen Partnern enorm. Bitte beachten Sie: Für den grenzüberschreitenden Samenversand können tiergesundheitsrechtliche Bescheinigungen (z. B. TRACES) nötig sein. Klären Sie vorab mit Tierarzt, Zuchtverband und ggf. Veterinärbehörde, welche Unterlagen im konkreten Fall erforderlich sind.

  • Erhalt wertvoller Genetik: Tiefgefriersperma ermöglicht es, die Genetik eines Rüden über seine natürliche Lebens- und Zuchtspanne hinaus zu erhalten. So kann das Erbgut auch nach einer Kastration weiterhin für die Zucht zur Verfügung stehen. Noch bedeutender ist die Möglichkeit, einen herausragenden Vererber auch nach seinem Ableben für die Nachwelt zu erhalten und gezielt für zukünftige Würfe einsetzen zu können. Dies ist eine unschätzbare Option zur langfristigen Sicherung wertvoller Linien.

  • Hygienische Sicherheit: Ähnlich wie bei der Frischsperma-Übertragung bietet auch diese Methode einen wirksamen Schutz vor der Übertragung von Deckseuchen und anderen Krankheiten von der Hündin auf den Rüden.

Tabelle 7.1: Methodenvergleich im Detail

Kriterium

Natürlicher Deckakt

Frischsperma (IVI/TCI)

Tiefgefriersperma (TCI)

Trächtigkeitsrate

85-90% bei optimalem Timing

IVI: 60-70%

TCI: 83-86%

66-75% (TCI obligatorisch)

Durchschnittliche Wurfgröße

rasseüblich

rasseüblich

Leicht reduziert (-0,5 bis -1 Welpe)

Infektionsrisiko Rüde

Risiko vorhanden

Kein Risiko

Kein Risiko

Timing-Flexibilität

Mittel (±1-2 Tage)

Mittel (±1-2 Tage)

Eng (±12 Stunden)

Kosten

Decktaxe + Reise

Decktaxe + Reise + Tierarzt

Decktaxe + Aufbereitung + Lagerung + spezialisierter Tierarzt

Logistischer Aufwand

Reise zum Rüden

Reise zum Rüden oder Samenversand

Kryotank, Spezialtierärzte

Hauptanwendung

Nationale Zucht

Nationale Zucht

Internationale Zucht, Generhaltung

Die Erfolgsraten basieren auf Studien mit korrektem Timing.

Der natürliche Deckakt

Vorbereitung und Ablauf

Vorbereitung

Die Vorbereitung der natürlichen Deckung beginnt bereits vor dem eigentlichen Zusammentreffen der Zuchtpartner. Der Deckakt findet in der Regel beim Rüden statt. Ist der Rüdenbesitzer jedoch unerfahren, dann kann es sinnvoll sein, den Deckakt bei einem erfahrenen Züchter derselben Rasse durchzuführen, der gegebenenfalls helfend eingreifen kann.

Der Züchter muss einen geeigneten Ort vorbereiten, der beiden Tieren Sicherheit bietet. Ein rutschfester Untergrund ist essentiell, da die Tiere während des Deckakts ihre Position über längere Zeit halten müssen. Der Raum sollte ausreichend groß sein, damit sich die Tiere frei bewegen können. Störungen durch andere Tiere, Lärm oder fremde Personen müssen ausgeschlossen werden.

Die hygienischen Vorbereitungen umfassen die Reinigung der Genitalregion beider Tiere mit warmem Wasser. Auf Seifen oder Desinfektionsmittel sollte verzichtet werden, da diese die natürliche Bakterienflora stören und die Schleimhäute reizen können. Bei langhaarigen Rassen ist es sinnvoll, die Haare im Genitalbereich zu kürzen um den Deckvorgang besser kontrollieren zu können.

Die Gewöhnung der Partner aneinander erfolgt schrittweise. Ein gemeinsamer Spaziergang vor dem Deckakt oder die Begegnung der Tiere im eingezäunten Garten können helfen, Spannungen abzubauen. Dabei beobachtet der Züchter das Verhalten beider Tiere genau. Eine deckbereite Hündin zeigt sich interessiert am Rüden, präsentiert sich durch Zur-Seite-Legen der Rute und duldet das Aufreiten. Aggressives Verhalten oder panische Fluchtversuche sind klare Zeichen, dass der Zeitpunkt noch nicht optimal ist oder die Tiere mehr Zeit zur Gewöhnung benötigen. Auch wenn die Vulva noch zu stark geschwollen ist, ist dies ein Zeichen dafür, dass der Zeitpunkt zu früh ist.

Ablauf

Der natürliche Deckakt folgt einem biologisch festgelegten Ablauf, den der Züchter kennen muss, um im richtigen Moment unterstützend eingreifen zu können. Nach dem anfänglichen Beschnuppern und Umwerben beginnt der Rüde mit Aufreitversuchen. Diese können zunächst auch seitlich oder von vorn erfolgen, was besonders bei unerfahrenen Rüden normal ist. Der erfahrene Züchter greift hier nicht sofort ein, sondern lässt den Tieren Zeit, sich zu orientieren.

Sobald der Rüde korrekt aufgeritten ist, beginnen die Suchbewegungen des Penis. Der Schwellkörper ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig erigiert, was das Eindringen ermöglicht. Nach erfolgreicher Penetration schwillt er innerhalb weniger Sekunden stark an und verhindert ein Herausgleiten. Dies leitet die Phase des „Hängens“ ein, die zwischen 5 und 45 Minuten dauern kann, wobei 15 bis 20 Minuten am häufigsten sind.

Während des Hängens dreht sich der Rüde typischerweise um, sodass beide Tiere mit den Hinterteilen zueinander stehen. Der Züchter muss in dieser Phase besonders aufmerksam sein. Die Tiere dürfen nicht erschreckt oder auseinandergezogen werden, da dies zu schweren Verletzungen führen kann. Wenn die Tiere sehr unruhig sind, sollten beide an den Halsbändern gehalten und beruhigt werden, um unkontrollierte Bewegungen zu verhindern. Niemals sollte versucht werden, die Tiere gewaltsam zu trennen.

Hilfestellungen durch den Züchter

Der Züchter kann bei verschiedenen Problemen während des Deckakts unterstützend eingreifen. Die Kunst besteht darin, zu erkennen, wann Hilfe notwendig ist und wann Geduld die bessere Strategie darstellt. Die verschiedenen Hunderassen unterscheiden sich stark darin, in welchem Umfang und auf welche Weise sie Unterstützung benötigen.

Ist der Rüde kleiner als die Hündin, können rutschfeste Matten oder spezielle Deckplattformen verwendet werden, um den Höhenunterschied auszugleichen. Diese sollten eine Oberfläche haben, die dem Rüden guten Halt bietet. Manche Züchter verwenden auch leicht geneigte Rampen, auf denen die Hündin mit den Vorderbeinen tiefer steht. Bei umgekehrten Größenverhältnissen kann es helfen, wenn die Hündin auf einer leichten Erhöhung steht.

Bei unerfahrenen Rüden ist mangelnde Treffsicherheit das häufigste Problem. Der Rüde reitet zwar auf, findet aber die Vulva nicht. Bei großen Rassen kann der Züchter den Rüden durch das Führen seiner Hinterhand in die richtige Position bringen. Dazu wird eine Hand unter den Bauch des Rüden gelegt und dieser leicht angehoben oder abgesenkt, je nachdem, ob er zu hoch oder zu tief zielt. Die andere Hand kann gleichzeitig die Rute der Hündin zur Seite halten, um den Zugang zu erleichtern. Diese Unterstützung sollte ruhig und ohne Hektik erfolgen, da nervöse Bewegungen beide Tiere verunsichern können.

Ein weiteres häufiges Problem ist die mangelnde Standfestigkeit der Hündin. Manche Hündinnen knicken unter dem Gewicht des Rüden ein oder weichen seitlich aus. Hier kann eine zweite Person helfen, indem sie die Hündin am Halsband hält und beruhigend auf sie einwirkt. Zusätzlich kann der Züchter die Hündin mit einer Hand unter dem Bauch stützen, wobei darauf zu achten ist, dass die Hand nicht im Weg ist, wenn der Rüde seine Position findet.

Bei kleinen Hunden hat sich folgendes Vorgehen bewährt: Der Züchter kniet auf dem Boden und nimmt die Hündin zwischen seine Beine. Der Körperkontakt gibt ihr Sicherheit und schränkt ihre Bewegungsfreiheit ein. Je nach Größenverhältnis zwischen Rüde und Hündin befindet sich entweder der Rüde, oder der Züchter mit der Hündin auf einem rutschfesten Podest. Der Züchter beugt sich dann über die Hündin, um dem Rüden beim Aufreiten zu helfen. Mit der einen Hand stützt der Züchter den Bauch der Hündin nahe der Vulva, während er mit der anderen Hand die Position des Rüden korrigiert. Ein leichtes Anheben der Hündin im Bereich der Vulva kann dem Rüden zusätzlich die richtige Richtung weisen. Eine alternative Möglichkeit, kleinen Hunden Hilfestellungen zu geben, ist, den Deckakt auf einem Tisch mit rutschfester Unterlage durchführen zu lassen. In diesem Fall werden zwei Personen benötigt: eine Person hält die Hündin und die zweite Person unterstützt den Rüden.

Achten Sie darauf, dass der Schwellkörper nicht bereits außerhalb der Hündin anschwillt. Ist dies der Fall, brechen Sie den Deckversuch sofort ab und nehmen die Hündin aus dem Raum. In vielen Fällen lässt sich ein Samenerguss so noch vermeiden. Gelingt dies nicht, dann leisten Sie dem Rüden die nächsten 20 Minuten Gesellschaft und setzen einen erneuten Deckversuch 24 Stunden später an.

Eine Viertelstunde nach dem Deckakt muss kontrolliert werden, ob der Schwellkörper vollständig abgeschwollen und eingefahren ist. Schaut die Glans noch hervor, dann  zieht man leicht am Fell der Vorhaut um den Durchgang zu vergrößern und das Abschwellen zu erleichtern, und schiebt dann die Vorhaut vorsichtig darüber.  Gleitgel kann dabei helfen.

Wenn nach 30 Minuten aktiver Versuche kein erfolgreicher Deckakt zustande kommt, brechen Sie ab. Die Erschöpfung beider Tiere reduziert die Erfolgschancen drastisch. Besser ist ein neuer Versuch nach 12-24 Stunden oder der Wechsel zur künstlichen Besamung mit Frischsperma.

Künstliche Besamung mit Frischsperma

Samengewinnung

Die künstliche Besamung mit Frischsperma ist eine moderne, sichere und oft überlegene Alternative zum natürlichen Deckakt. Der wichtigste Vorteil liegt im Infektionsschutz: Da kein direkter Kontakt zwischen den Geschlechtsorganen stattfindet, können sexuell übertragbare Erreger nicht von der Hündin auf den Rüden und anschließend auf den wertvollen Tierbestand des Deckrüdenhalters übertragen werden. Für Besitzer von Deckrüden reduziert dies das kumulative Infektionsrisiko erheblich.

Die Samengewinnung erfolgt in Anwesenheit der läufigen Hündin, deren Pheromone den Rüden stimulieren. Ein erfahrener Tierarzt oder geschulter Züchter gewinnt das Ejakulat durch manuelle Stimulation in einem körperwarmen, sterilen Auffanggefäß ohne Wasser oder Desinfektionsreste. Das canine Ejakulat besteht aus drei Fraktionen: Die erste, klare Fraktion stammt aus der Prostata, die zweite, milchig-weiße Fraktion enthält die Spermien, und die dritte Fraktion ist wieder prostatisches Sekret. Für die Besamung wird primär die spermienreiche zweite Fraktion verwendet.

Anschließend bietet es sich an, eine Qualitätskontrolle durchzuführen. Bereits mit einem einfachen Mikroskop können Sie die Beweglichkeit der Spermien beurteilen. Mindestens 70% sollten vorwärtsbewegliche Spermien sein. Die Morphologie (Formgebung) gibt Aufschluss über die Befruchtungsfähigkeit – mehr als 80% sollten normal geformt sein. Diese sofortige Kontrolle gibt Ihnen Sicherheit über die Qualität des Ejakulats.

Besamungstechniken

Die Wahl der Inseminationstechnik beeinflusst maßgeblich die Erfolgsrate. Die intravaginale Insemination (IVI) ist technisch einfacher und kann von jedem Tierarzt durchgeführt werden. Dabei wird das Sperma mit einem Katheter tief in die Vagina eingebracht. Die Erfolgsraten liegen bei 60-70%, wenn das Timing stimmt. Nach der Insemination sollte die Hündin für 10 Minuten mit erhöhtem Becken gelagert werden – dies unterstützt den Transport der Spermien Richtung Gebärmutter.

Die transzervikale intrauterine Insemination (TCI) erzielt mit 83-86% deutlich höhere Erfolgsraten. Hierbei wird der Katheter unter endoskopischer Sicht durch den Muttermund direkt in die Gebärmutter geführt. Diese Technik erfordert spezielle Ausrüstung und Erfahrung, umgeht aber die Barriere der Zervix vollständig. Die Spermien gelangen direkt an ihren Bestimmungsort, was besonders bei suboptimalem Timing oder reduzierter Spermienqualität von Vorteil ist.

Für optimale Ergebnisse sollte die Besamung zweimal im Abstand von 48 Stunden erfolgen. Der ideale Zeitpunkt liegt 2-4 Tage nach dem LH-Peak, wobei Sie sich an den Progesteronwerten aus Kapitel 6 orientieren sollten.

Ein praktischer Tipp: Wenn möglich, lassen Sie das Frischsperma vom Rüden am Tag der geplanten Besamung gewinnen. Falls dies logistisch nicht machbar ist, kann das Sperma mit speziellen Verdünnern auf 4°C gekühlt und bis zu 48 Stunden transportiert werden. Die Erfolgsraten sinken dabei nur leicht.

Künstliche Besamung mit Tiefgefriersperma

Strategische Bedeutung

Tiefgefriersperma hat die Tierzucht revolutioniert wie keine andere reproduktionsmedizinische Entwicklung. Die Möglichkeit, Sperma bei -196°C in flüssigem Stickstoff über Jahrzehnte zu lagern, eröffnet Dimensionen, die weit über die reine Überbrückung geografischer Distanzen hinausgehen. Sie können heute das genetische Material eines australischen Champions nutzen, ohne Ihre Hündin dem Stress einer 24-stündigen Flugreise auszusetzen. Noch bedeutsamer: Wertvolle Genetik bleibt über den Tod eines Ausnahmerüden hinaus erhalten.

Die Kryokonservierung ist besonders wertvoll für die Erhaltung seltener Rassen oder spezieller Blutlinien. Wenn ein Rüde außergewöhnliche Eigenschaften vererbt, kann sein Sperma noch Jahrzehnte später zur Verbesserung der Population beitragen. Dies bedeutet auch: Ein heute eingefrorenes Ejakulat könnte in 20 Jahren helfen, genetische Vielfalt zurückzugewinnen, wenn eine Rasse durch zu enge Zucht in Bedrängnis gerät.

Die Qualität des Ausgangsmaterials entscheidet über den späteren Erfolg. Nicht jeder Rüde eignet sich gleich gut für die Kryokonservierung. Das Sperma sollte eine überdurchschnittliche Ausgangsmotilität von mindestens 80% und eine hohe Konzentration aufweisen. Nach dem Auftauen gehen typischerweise 40-50% der Motilität verloren – startet man mit schlechter Qualität, bleibt nach dem Auftauen zu wenig befruchtungsfähiges Material übrig.

Durchführung und Timing

Der kritischste Faktor bei der Verwendung von Tiefgefriersperma ist das Timing. Während frische Spermien vier bis sechs Tage im weiblichen Genitaltrakt überleben können, sind es bei aufgetauten Spermien nur 12-24 Stunden. Dieser dramatische Unterschied macht eine Punktlandung erforderlich. Die Besamung sollte etwa 72 Stunden (3 Tage) nach der Ovulation erfolgen – bei ein Fenster von etwa 12 Stunden.

Die Logistik erfordert Präzision. Das Tiefgefriersperma wird in einem Kryotank angeliefert, der mehrere Tage ohne Nachfüllung die Temperatur hält. Planen Sie einen Puffer ein: Bestellen Sie das Sperma so, dass es zwei Tage vor dem erwarteten optimalen Zeitpunkt eintrifft. Nichts ist frustrierender, als wenn die Hündin optimal steht, aber das Sperma im Zoll festhängt.

Das Auftauen erfolgt gemäß Hersteller-/Laborprotokoll. In der Regel werden die Pailletten (Spermaröhrchen) für 30-60 Sekunden in ein 37°C warmes Wasserbad getaucht. Zu kurz, und das Sperma ist noch gefroren; zu lang, und die Spermien erleiden einen Temperaturschock. Nach dem Auftauen muss sofort die Motilität überprüft werden. Liegt sie unter 30%, sollten Sie eine zweite Paillette auftauen oder die Besamung verschieben.

Die transzervikale intrauterine Insemination (TCI) ist bei Tiefgefriersperma obligatorisch. Die geschädigten Spermien schaffen es nicht mehr, die Barriere der Zervix aus eigener Kraft zu überwinden. Ihr Tierarzt führt unter endoskopischer Sicht einen Katheter durch den Muttermund und deponiert das Sperma direkt in der Gebärmutter. Die Prozedur dauert bei geübten Händen 5-10 Minuten und ist für die Hündin wenig belastend.

Die Erfolgsraten liegen bei korrekter Durchführung zwischen 66-75%. Das ist niedriger als bei Frischsperma, aber immer noch respektabel. Wichtiger Hinweis: Die Wurfgröße ist im Schnitt um 0,5 bis 1 Welpen reduziert. Bei Rassen mit ohnehin kleinen Würfen kann das bedeutsam sein. Eine zweite Besamungen nach 24 Stunden reduziert das Timing-Risiko, erhöht aber die Kosten.

Deckschein und Deckvertrag

Eine saubere Dokumentation ist die Grundlage für Ahnentafeln, Wurfabnahme und rechtliche Klarheit zwischen den Beteiligten. Zwei Dokumente sind zentral: der Deckschein (für den Zuchtverband) und der Deckvertrag (für die Vereinbarungen zwischen den Parteien). Füllen Sie den Deckschein unmittelbar nach dem Deckakt aus; ohne korrekt ausgefüllten Deckschein gibt es keine Ahnentafeln.

Der Deckschein

Der Deckschein ist das zentrale Dokument jeder Verpaarung – ohne korrekt ausgefüllten Deckschein keine Ahnentafeln. Jeder Zuchtverband hat eigene Formulare, aber die Kerninformationen sind überall gleich: Identität beider Zuchttiere (Name, Zuchtbuchnummer, Chip), Datum und Ort des Deckakts, verwendete Methode und Unterschriften beider Besitzer. Bei künstlicher Besamung gelten Einschränkungen und erweiterte Dokumentationspflichten. Füllen Sie den Deckschein unmittelbar nach dem Deckakt aus.

Der Deckvertrag

Der Deckvertrag regelt die geschäftliche Seite der Verpaarung und sollte vor dem ersten Zusammentreffen der Hunde unterschrieben sein. Ein professioneller Deckvertrag verhindert Streitigkeiten und schafft klare Verhältnisse.

Die Decktaxe ist der offensichtlichste Punkt, aber bei weitem nicht der einzige. Klären Sie: Wird sie bei Deckakt oder bei Geburt lebender Welpen gezahlt? Was passiert bei Leerbleiben – gibt es ein kostenloses Nachdeckrecht? Wenn ja, mit demselben Rüden oder einem anderen aus dem Besitz des Deckrüdenhalters? Wie lange gilt dieses Recht?

Bei künstlicher Besamung kommen weitere Punkte hinzu: Wer trägt die Tierarztkosten? Wer organisiert und bezahlt den Samentransport? Bei internationalen Verpaarungen: Wer kümmert sich um Importgenehmigungen und Zollabwicklung?

Ein oft übersehener Punkt ist die Haftung. Viele Züchter haben eine entsprechende Haftpflichtversicherung, trotzdem sollten die Details im Vertrag geregelt sein.

Der Gesundheitsstatus beider Tiere sollte dokumentiert werden. Listen Sie alle vorhandenen Gesundheitsuntersuchungen mit Datum auf. Bei Verdacht auf Infektionskrankheiten kann vereinbart werden, dass zusätzliche Tests (z.B. Brucellose, Herpes) durchgeführt werden. Die Kosten trägt üblicherweise der Auftraggeber.

Besondere Klauseln können sinnvoll sein: Eine „Lebendwelpengarantie“ sichert zu, dass mindestens eine bestimmte Anzahl Welpen (meist 2) lebend geboren wird, sonst greift das Nachdeckrecht. Eine „Pick-of-the-litter“-Klausel räumt dem Deckrüdenbesitzer das Recht ein, einen Welpen aus dem Wurf zu wählen.

Checkliste: Deckakt – Vorbereitung

  • V
    Optimaler Deckzeitpunkt durch Progesterontest bestätigt
  • V
    Gesundheitszeugnisse und Zuchtzulassungen beider Tiere vorhanden
  • V
    Deckvertrag und Deckschein vorbereitet, Konditionen geklärt
  • V
    Bei natürlicher Deckung: Rutschfester, ruhiger Ort vorbereitet
  • V
    Hilfsmittel bereitgelegt
  • V
    Tierarzt-Kontakt für Notfälle verfügbar
  • V
    Bei KB: Termin mit spezialisiertem Tierarzt vereinbart
  • V
    Bei Tiefgefriersperma: Lieferung koordiniert, Ankunft 2 Tage vor Termin

Fazit

Der erfolgreiche Deckakt ist das Ergebnis sorgfältiger Planung, fundierter Methodenwahl und professioneller Durchführung. Die Entscheidung zwischen natürlicher Deckung und künstlicher Besamung sollte auf einer klaren Analyse von Distanz, Gesundheitsstatus, Verhalten der Tiere und züchterischen Zielen basieren.

Die natürliche Deckung bleibt bei gesunden, erfahrenen Zuchtpartnern in räumlicher Nähe wegen ihrer hohen Erfolgsraten (85-90%) die Methode der Wahl. Der Schlüssel liegt in der optimalen Vorbereitung der Umgebung und bei Bedarf in der gezielten Unterstützung des Rüden. Ihre Rolle als Züchter ist die eines aufmerksamen Managers, der im richtigen Moment eingreift und ansonsten die Instinkte der Tiere walten lässt.

Die künstliche Besamung mit Frischsperma vereint hohe Erfolgsraten (83-86% bei TCI) mit dem Vorteil des Infektionsschutzes. Da kein direkter Sexualkontakt stattfindet, können Krankheitserreger nicht erst von der Hündin auf den Rüden und dann auf den Tierbestand des Rüdenhalters übertragen werden. Diese Unterbrechung der Infektionskette kann von unschätzbarem Wert sein.

Tiefgefriersperma öffnet das Tor zur internationalen Zucht und ermöglicht genetische Langzeitkonservierung. Die niedrigeren Erfolgsraten (66-75%) und die reduzierte Wurfgröße sind gegen die strategischen Möglichkeiten abzuwägen, die es bietet. Das extrem enge Timing-Fenster erfordert präzise Planung und einen auf Reproduktionsmedizin spezialisierten Tierarzt.

Die Dokumentation durch Deckschein und Deckvertrag sichert Sie rechtlich ab und ist Voraussetzung für die Wurfabnahme. Der Deckschein ist Ihr amtliches Dokument für den Zuchtverband, der Deckvertrag regelt die geschäftlichen Aspekte zwischen den Parteien.

Abschließend gilt: Scheuen Sie sich nicht, von einer geplanten natürlichen Deckung auf künstliche Besamung umzusteigen, wenn die Umstände es erfordern. Die Gesundheit und das Wohlbefinden Ihrer Zuchttiere haben immer Vorrang vor traditionellen Vorstellungen.

Begleithunde
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